Meine erste Reise nach Äthiopien
Ein Beitrag von Julia Hermle in der Kategorie #Reisen vom 28. Dezember 2017
Das Ursprungsland des Kaffees! Zum ersten Mal hatte ich die Möglichkeit mit nach Äthiopien zu reisen. Acht Tage lang konnte ich Land und Leute auf eine ganz persönliche Art und Weise kennenlernen und habe mich direkt verliebt.
Anfang Dezember sind wir mit unserem Team nach Äthiopien gereist. Ziel der Reise war es zum einen unsere Partner, wie die Welthungerhilfe, und die Kooperativen vor Ort zu treffen, Gespräche mit Kaffeefarmern zu führen und das neue Projekt anzustoßen, zudem wir euch bald mehr erzählen werden. Zum anderen sind wir mit Kamera- und Videoteam angereist, um die Fortschritte der Projekte vor Ort für euch zu dokumentieren.
Die Fahrt dauert 9 Stunden, doch ich langweile mich keine Sekunde
Äthiopien ist rund dreimal so groß wie Deutschland, 50 Prozent des Landes liegen höher als 1.200 Meter, wie auch die Hauptstadt Addis Abeba (2.370 m). Die Höhenlagen bieten durch das Klima und den Boden die optimalen Bedingungen für den Anbau von Kaffee. Nach einer Nacht in Addis Abeba ging es für uns weiter nach Jimma. Die Autofahrt dauert trotz der Entfernung von nur 250 km aufgrund der schlechten Strassenverhältnisse fast 9 Stunden. Doch es gibt soviel zu sehen, dass ich mich keine Sekunde langweile. Esel, Kühe, Ziegen passieren zwischen fahrenden Autos die Strassen, kleine knallblau angemalte Tuk Tuks düsen hupend an uns vorbei und Händler verkaufen am Straßenrand jede Menge Bananen. Dazu hören wir äthiopische Popmusik von Alex Olompia.
Nach einigen Stunden Fahrt machen wir eine Pause und ich trinke meinen ersten äthiopischen Buna am Strassenrand
Buna ist das amharische Wort (Amtssprache von Äthiopien) für Kaffee. Dieser wird, meist von Frauen, traditionell geröstet, zerstampft und in der ‚Jebana‘ zubereitet. Serviert wird er in kleinen bunten Tassen mit ein paar Blättern Tenadam, einem äthiopischen Kraut zum Süßen des Kaffees.
Die Zubereitung und das Trinken von Kaffee ist in der äthiopischen Kultur fest verankert. Mindestens dreimal am Tag und zu allen besonderen Gelegenheiten wird Kaffee aufgebrüht. Was genau die traditionelle Kaffeezeremonie in Äthiopien so besonders macht, erwartet euch in einem separaten Beitrag von mir.
In den letzten Autostunden bis nach Jimma beobachte ich, wie sich die Vegetation verändert. Alles wird grüner und wir sehen die ersten Kaffeesträucher am Strassenrand.
Über die Projektfortschritte
5 Wasserkioske versorgen bereits 6.700 Menschen mit sauberem Wasser
Die Stadt Jimma ist eine der größten Städte im Westen des Landes und gehört zur Region Oromia. Für uns war Jimma eine Woche lang Ausgangspunkt für Besuche bei Kaffeekooperativen und Fahrten zu unseren Projektstandorten. Am ersten Morgen treffen wir direkt das Team der Welthungerhilfe, mit dem wir eng im Rahmen unseres WaSH Projektes zusammenarbeiten.
Mit jedem verkauften Kilo Kaffee fließt 1€ in unsere Projekte in Äthiopien, die wir gemeinsam mit den Kaffeefarmern vor Ort umsetzen. Durch das WaSH Projekt versorgen wir mehr als 18.900 Menschen mit sauberem Trinkwasser. Denn über 60 % der äthiopischen Bevölkerung haben keinen adäquaten Zugang zu sauberem Wasser.
Gemeinsam mit dem WaSH Projektmanager Ashenafi besuchen wir als erstes die seit mehreren Monaten erschlossene Homecha Quelle. Die Erschließung dieser Quelle ist das bisherige Highlight unseres WaSH Projektes. In der Nähe von einer riesigen Weidewiese und umringt von wunderschönen großen Bäumen und Pflanzen liegt die Homecha Quelle. Der Weg dorthin ist anstrengend, da es die meiste Zeit bergauf geht.
Als wir bei der Quelle angekommen sind, treffen wir eine Gruppe von Frauen und Kindern. Sie kommen aus Jimma und sind mehrere Stunden zu Fuß unterwegs gewesen, um Zugang zu sauberem Trinkwasser zu haben. Aus der Quelle ragen zwei Rohre. Eines dient der Versorgung der Menschen, die direkt von der Quelle Wasser beziehen. Durch das andere Rohr fließt das Wasser über eine 13 km lange Leitung zuerst in zwei Wasserreservoirs und wird von dort aus in die jeweiligen Wasserkioske geleitet.
Die Quelle versorgt bereits 5 Wasserkiosks mit sauberem Trinkwasser. Dank eurer Unterstützung haben durch die Quelle und die Wasserkiosks bereits 6.700 Menschen Zugang zu sauberem Trinkwasser.
WaSH steht für Water, Sanitation and Hygiene
Einer der Wasserkioske liegt in dem Dorf Hawasso und wurde vor 6 Wochen eröffnet. Hier lernen wir Fatoma kennen, die den Kiosk leitet. Sie berichtet uns, dass inzwischen täglich ungefähr 80 Menschen den Kiosk besuchen und sauberes Wasser beziehen. Der Kiosk hat morgens von 8.00 bis 11.30 Uhr sowie nachmittags von 14.00 bis 17.30 Uhr geöffnet.
Zu diesem Projekt gibt es bald nicht nur einen weiteren Blogbeitrag, sondern auch ein Video, indem du dir die Fortschritte selbst anschauen kannst. Ich glaube, dieser Tag war rückblickend für mich der Schönste – denn mir wird noch bewusster, was wir mit Coffee Circle erreichen können und schon erreicht haben!
560 Schüler werden täglich in der Satelitte School unterrichtet
Wer uns schon länger begleitet, erinnert sich vielleicht an den Bau der Satellite School. Anfang 2014 konnten wir durch den Kaffeekauf unserer Kunden den Bau einer Schule in der Nähe der Kooperative Ilketunjo finanzieren. Es ist schon eine Weile her, seitdem ein Team von Coffee Circle die Schule besucht hat. Umso gespannter sind wir alle, was sich vor Ort getan hat.
Aufgrund der hohen Anzahl an Kindern findet der Unterricht in zwei Schichten statt, sowohl morgens als auch nachmittags. Bei unserer Ankunft wird in einem der Schulgebäude gerade Englisch unterrichtet. Für mich ist es ein magischer Moment, als ich von außen durch das Fenster in das Klassenzimmer schaue und den Unterricht beobachte. Von dem Schulleiter Getechew erfahren wir, dass inzwischen 11 Lehrer in 8 verschiedenen Klassenstufen 560 Schüler unterrichten.
Die Lage der Schule ermöglicht vielen Kindern überhaupt erst Zugang zu Schulbildung, sowie einen kürzeren Fußweg zur Schule. Als wir die Schule verlassen, endet der Unterricht. Ungefähr 30 Schüler begleiten uns auf unserem Nachhauseweg. Die Kinder sind neugierig, hüpfen um uns herum und versuchen kichernd mit uns Kontakt aufzunehmen. Mit Hilfe ihrer Englischkenntnisse aus der Schule fragen wir uns gegenseitig nach unseren Vornamen.
Viele der Kinder gehen mit ihren Klassenkameraden Arm in Arm oder Hand in Hand. Diese Geste der Freundschaft fällt mir bei äthiopischen Kindern und Erwachsenen immer wieder auf.
Besuch unserer Partner-Kooperativen
Wir treffen langjährige Freunde in Ilketunjo
Am nächsten Tag fahren wir zu der Kooperative Ilketunjo, wo unser Kaffee Limu herkommt. Diese Kooperative hat für uns eine besondere Bedeutung, da wir bereits seit der Gründung von Coffee Circle zusammenarbeiten. Entsprechend freundschaftlich und vertraut fällt die Begrüßung bei Ankunft in der Kooperative aus. Serfu, der Kooperativenleiter, hat gute und schlechte Nachrichten für uns. Die Schlechte zuerst: Am Tag unseres Besuchs funktioniert die Wetmill nicht, welche das Fruchtfleisch der Kaffeekirsche von den Bohnen löst. Mitten in der Erntezeit ist die Maschine ausgefallen, ein Teil muss ausgetauscht werden. Die langen Wege und beschwerlichen Straßen verzögern das Beschaffen von Ersatzteilen und Reparaturarbeiten an den Maschinen enorm. Es bleibt unklar, wann die Maschine wieder einsatzbereit ist. Die gute Nachricht ist eine zweite, bereits installierte Washingstation für Ilketunjo. Wir wandern ungefähr eine Stunde dorthin. Die Natur ist beeindruckend, wunderschön. Besonders am späten Nachmittag, zwischen 16 und 17 Uhr, wenn die Sonne untergeht, zeigen sich der rote Sandboden sowie die riesigen Bäume und Palmen in ihren intensivsten Farben.
Wir zelten direkt neben den Drying Beds in Sediloya
Eine weitere Kaffeekooperative, die wir besuchen, heißt Sediloya. Sie befindet sich in der Nähe der Kooperativen Biftu Gudina, Duromina and Nano Challa. Sediloya ist für mich eine der schönsten Kooperativen, die wir in dieser Woche gesehen haben. Die Kooperative liegt an einem kleinen Hang mit einem tollen Ausblick in die Natur. Am unteren Ende des Hangs fließt ein Bach entlang, an dem Kühe Wasser trinken. Die Sonne geht langsam unter und wir bauen unsere Zelte direkt neben den Drying Beds auf. Mit Einbruch der Dunkelheit werden die ersten Kaffeekirschen von Kaffeebauern angeliefert. Wir sitzen gemeinsam an einem kleinen Lagerfeuer und beobachten das Geschehen. Die Kaffeekirschen werden in Jutesäcken per Esel, Pferd oder Motorrad zur Kooperative gebracht. Dort werden die Kirschen von jedem einzelnen Farmer auf einer alten Eisenwaage gewogen, die Mengen werden notiert und die Kirschen anschließend direkt weiterverarbeitet.
Am nächsten Morgen begleiten wir einen der Kaffeefarmer in seinen Waldgarten, in dem er Kaffee anbaut. Die Sträucher wachsen ebenfalls an einem Hang und viele der Kirschen sind knallrot, so dass sie innerhalb der nächsten Tage geernet werden können.
Kaffee ist die Lebensgrundlage hunderttausender Menschen in Äthiopien. Für mich war die Woche sehr besonders und es wird noch etwas dauern, bis ich alle Eindrücke verarbeitet habe. In Berlin im Arbeitsalltag vergisst man oft, wie beeindruckend die Orte sind, von denen unser Kaffee kommt und wie viele Menschen im Anbau und der Weiterverarbeitung von Kaffee involviert sind, bis er bei uns in der Tasse landet.
Wenn du Fragen oder Anmerkungen hast, schreib gern in die Kommentare oder eine Email an julia@coffeecircle.com!
Julia Hermle
Julia betreut unsere Firmen- und Gastrokunden. Vor Coffee Circle trank Julia eher selten Kaffee. Inzwischen begeistern sie fruchtige Filterkaffees aus der Chemex.