Uganda — Wo Robusta sich wohlfühlt
Auf dem Spezialitätenmarkt wird Kaffee aus Kenia und Äthiopien gerne und häufig angeboten, Kaffee aus Uganda ist bisher allerdings eine Seltenheit. Dabei ist Uganda der größte Kaffee-Exporteur des gesamten Kontinents. Dank seiner reichen Geschichte lässt sich hier viel entdecken. Wir werfen einen Blick auf das noch immer unterschätzte Land.
Auf dem Berlin Coffee Festival um 2017 lernten wir Stephan Katongole kennen, einen ehemaligen Berater aus Baden-Baden, der sich entschieden hatte, die Farm seiner Familie in Uganda weiterzuführen. Anfang der 2010er verließ er Deutschland, um qualitativ hochwertigen Robusta-Kaffee anzubauen, zu ernten und zu verarbeiten. 2019 erhielten wir unsere erste Lieferung von Katongole. Sein “washed” Robusta floss in unseren beliebten Tiga Terra ein. 2022 gingen wir einen Schritt weiter und brachten unseren ersten Robusta-Filterkaffee als Single Origin heraus. Er trägt den Namen seines Farmers: Stephan Katongole.
Es besteht also die Chance, dass du schon einmal einen ugandischen Kaffee auf der Zunge hattest. Zwar wird in dem Land nicht ausschließlich Robusta angebaut, doch ist es bekannt für eben jene Varietät. Das hat unter anderem historische Gründe: Robusta ist indigen, wächst in Uganda bereits seit Jahrhunderten. Erst die Engländer brachten im frühen 20. Jahrhundert als Kolonialmacht Arabica-Pflanzen nach Uganda. Die sollten als “cash crop” den einfachen Zweck erfüllen, das britische Reich zu finanzieren, ebenso wie es Palmöl, Tee und Baumwolle taten. Zwar gingen zahlreiche Arabica-Bäume ein, gleichzeitig stieg jedoch der Anbau und Export von Robusta.
Unsere Robusta-Kaffees
Noch heute wird in Uganda Arabica angebaut, doch dominiert Robusta aufgrund der klimatischen Bedingungen deutlich. Vor allem in den niederen Regionen der Central Lowlands bis zum Lake Victoria und in Western Uganda finden zweimal jährlich ertragreiche Robusta-Ernten statt, die maßgeblich dazu beigetragen haben, dass Uganda zum größten Kaffee-Exporteur Afrikas geworden ist. 1925 machte Kaffee lediglich 1 % des jährlichen Gesamtexports Ugandas aus. 2017 waren es bereits 18 %. Uganda macht allein 7 % der globalen Robusta-Exporte aus. 2021 war der Export von Kaffee aus Uganda so hoch wie seit 30 Jahren nicht mehr.
Der größte Kaffeeproduzent Afrikas ist allerdings nicht Uganda, sondern Äthiopien. Wie kann das sein? Äthiopien erntet zwar mehr, konsumiert selbst aber auch mehr. In Uganda hingegen ist Tee das wesentlich beliebtere Getränk. (Die Spuren der britischen Kolonialzeit sind noch immer sichtbar.) Doch das scheint sich langsam zu ändern, wie sich auch der Ruf ugandischen Kaffees und der Varietät Robusta wandeln.
Stephan Katongole hat diesen Wandel in den vergangenen Jahren aufmerksam beobachtet: “In den 70ern wurde alles liberalisiert, was zur Folge hatte, dass jeder mit seinem Kaffee machen konnte, was er wollte – wie er gepflückt wird, wie er verarbeitet wird, usw. Dadurch waren die Qualitäten, die auf dem Markt waren, nicht gut. So kam auch der Ruf zustande, dass ugandischer Robusta, oder Robusta an sich, kein guter Kaffee sei. Das verändert sich. Es hat sich verändert. Die Specialty Coffee Szene, oder die “fine robusta”-Szene, wächst auch hier in Uganda. Es gibt viele junge, kreative Farmer:innen oder Produzent:innen, die das Thema aufgegriffen haben und gute Qualitäten abliefern können. Viele sind erst seit zwei, drei, vier Jahren dabei. Aber ich sehe diesen Trend sehr positiv. Nicht nur für Uganda als Robusta-Land, sondern auch für Robusta an sich.”
Seit Jahrzehnten hält sich das Gerücht, die Pflanzengattung Caffea Canephora und ihre bekannteste Varietät Robusta seien minderwertig gegenüber Arabica-Kaffee. Doch woran kann man das messen? Der Vergleich hinkt, schließlich handelt es sich bei Robusta und Arabica um zwei verschiedene Gattungen — es ist also ein Vergleich zwischen Äpfel und Birnen. Arabica bietet andere Qualitäten als ein Robusta und umgekehrt. Arabica-Kaffee verfügt meist über komplexere Geschmacksnoten, ist insgesamt nuancierter als Robusta. Jener schmeckt oft nussig, erdig, etwas bitter und nach dunkler Schokolade. Vor allem in Italien ist Robusta sehr beliebt, wie auch ein Blick auf die Statistik zeigt: 2021 war Uganda der größte Kaffeelieferant für Italien und überholte damit zum ersten Mal Vietnam. In diesem Artikel geht unser Röster Robert auf weitere Unterschiede zwischen Arabica und Robusta ein.
Auch unser Robusta-Filterkaffee, den Stephan Katongole auf seiner Farm in Sembabule geerntet und verarbeitet hat, schmeckt nach 90 % Bitterschokolade mit Noten von Malz und dunklem Honig. Wer es eher fruchtig oder floral mag, sollte sich daher erst langsam in kleinen Schritten an einen Robusta herantasten. Aber vor allem Freunde von dunkleren Röstungen mit Nuancen von Schokolade und Nüssen könnten mit unserem “Stephan Katongole”-Filterkaffee ein inneres Festbankett erleben.
Ohne die sorgfältige Verarbeitung hätte der Robusta-Kaffee diese Qualität allerdings nie erreicht. Für Stephan Katongole war es ein jahrelanger Lernprozess, in dem er sowohl über Robusta als auch über Arabica viel erfahren hat, wie er schildert: “Ich habe mir zuerst die Verarbeitung von Arabica angeschaut, weil viele Menschen gesagt haben, die Verarbeitung sei besser. Damals war es noch anders, weil Robusta lediglich als “natural coffee” aufbereitet wurde, nicht aber als “washed”. Ich dachte, das müsse auch für Robusta gehen. Ich habe mich mit anderen Produzenten unterhalten und mir das Verarbeitungsverfahren angeschaut. Natürlich kannst du es nicht 1:1 von Arabica auf Robusta übertragen, aber es war ein langer Prozess: Selbst, wenn du die Maschinen hast, musst du herausfinden, ob du das “soaking” verlängern oder verkürzen müsst. Die Fermentation ist eine andere, weil Robusta eine andere Mucilage besitzt als Arabica. Hast du einen Mucilage-Remover an der Maschine, der schon viel davon wegnimmt, oder fermentiert du noch, um wirklich alles zu entfernen? Das lernst du mit der Zeit.”
Hier kannst du dir das ungekürzte Interview mit Stephan Katongole (@coffeeyouknow) anschauen, das unser Röster Hannes und ich mit ihm im Mai 2022 geführt haben. Unter anderem spricht er (auf Deutsch) über die Anfälligkeit von Robusta für Krankheiten, die Beschaffenheit seiner Farm, und die Vor- und Nachteile des Bio-Siegels.
Neben der mangelnden technischen Ausstattung kam hinzu, dass in Uganda kaum Qualitätstrainings durchgeführt wurden, was dem Ruf des ugandischen Kaffees nicht zugute kam. Die wachsende Beliebtheit dieses Produkts erklärt sich auch durch den Wandel, der innerhalb Ugandas stattgefunden hat: mit mehr Qualitätstrainings und wachsenden Investitionen ist der Kaffee als Exportprodukt immer beliebter geworden. Das heißt nicht, dass es die Politik den Produzent:innen stets leicht gemacht hat.
Uganda hat eine bewegte Geschichte, nicht nur in Bezug auf Kaffee. 1929 wurde das Coffee Industry Board gegründet, dem 1969 — im Zuge der Unabhängigkeit des Landes — zugesprochen wurde, den Kaffeepreis zu kontrollieren. Während Idi Amins blutrünstigem Regime blieb Kaffee ein starker, essentieller Bestandteil des ugandischen Exportmarkts, erlebte infiolge des brasilianischen Frostes 1975 einen regelrechten Höhenflug. Im Laufe der 1980er-Jahre aber wurde immer mehr Kaffee über die Landesgrenzen geschmuggelt, um in den Nachbarländern zu einem höheren Preis verkauft zu werden, als es von der Regierung offiziell erlaubt war. Als Reaktion darauf erhöhte das Coffee Industry Board 1988 die Preise, die Farmer:innen für ihr Produkt gezahlt werden mussten. Es ging nicht lange gut: Wenige Monate später war das Coffee Industry Board pleite und musste von der Regierung aus der finanziellen Misere gerettet werden. Um Kaffee global attraktiver zu machen, wurden die Preise gesenkt. Infolge dessen brach die Produktion um 20 % ein. Hinzu kamen Dürreperioden und die Verlagerung auf andere “cash crops” wie Obst.
In den frühen 90er-Jahren wurde der Kaffeeanbau und -export liberalisiert. Wie Stephan Katongole bereits angesprochen hat, litt die Qualität zwar zunächst. Gleichzeitig erhielten Produzent:innen aber die Möglichkeit, ihre eigenen Marken zu entwickeln und ihren Ruf schrittweise zu verbessern. Unterstützt wurden sie dabei von der Ugandan Coffee Development Authority, die für mehr Transparenz sorgt und den Zugang zum ugandischen Kaffeemarkt erleichtert.
Jahrelang war Uganda auch festes Mitglied der International Coffee Organization (ICO). Anfang 2022 ging jedoch ein Beben durch die nationale Kaffeegemeinde, als die Regierung beschloss, ihre Mitgliedschaft aufzugeben. Als Gründe wurden die teuren Tarife und andere Barrieren angegeben. Während einige Produzent:innen fürchten, auf ihren Ernten sitzen zu bleiben, sind andere optimistisch, nun mehr Kontrolle über ihr eigenes Produkt zu haben. Stephan Katongole bleibt entspannt: “Für den Export an sich verändert sich nicht viel. Vorher hast du dein Zertifikat von der ICO bekommen, jetzt von der Ugandan Coffee Development Authority (UCDA). Ich weiß es nicht, wie sie das regeln wollen. Wir versuchen hier, unser Ding zu machen.”
Stephan Katongole und andere Farmer:innen, die sich auf “fine robusta” spezialisiert haben, sind auf einem guten Weg — auch ohne die Unterstützung der ICO. Durch die hochwertige Verarbeitung, wachsende Qualitätstrainings, und ein stärkeres internationales Bewusstsein für die Charakteristika von Robusta bzw. Canephora ist Uganda als Kaffee-Exporteur erfolgreich wie nie, und wir werden unseren Beitrag leisten, dass Robusta seinen Siegeszug wird fortführen können.